Die Lebenserinnerungen
meines Urgroßvaters Ernst Wolfhagen aus Einbeck
geboren am 9.10.1843 in Marwede, Kreis Celle - gestorben am 20. Januar 1923 in Einbeck
Bearbeitet von Ulrich Thoma
Aus seinen handschriftlichen Aufzeichnungen in Sütterlin-Schrift übersetzt von Konrad Thoma und hier aufgeschrieben.
Nachrichten
aus meinem Leben, aus dem Gedächtnis
niedergeschrieben.
E.
Wolfhagen
Dieser
Zeitungsausschnitt wurde möglicherweise von seinem Sohn Ernst auf die erste
Einbandinnenseite des Originals eingeklebt.
Inhalt
Seite 1
Nachrichten
über meine Eltern, über meine Geschwister und über
mich und meine Familie, nach dem Gedächtnis mitgeteilt.
Mein Vater Georg
Wolfhagen, geb. 6. Januar 1805 zu Marwede bei Eschede im Kreise Celle und gestorben daselbst am 2.
September 1860, ………………
weiter
ab Seite 28 Mitte:
Von Alsfeld kam ich im
Oktober 1869 als dritter Lehrer der vierklassigen Volksschule nach Bevensen,
(87 Schüler von 8 – 10 Jahren).
Gehalt: 300 ch und freie
Dienstwohnung. Damit verheiratete ich mich am 5. Juli 1870, in Bevensen sind
meine beiden ältesten Kinder geboren, Marie am 3. August 1871 und Anne am 16.
Oktober 1872.
Im Oktober 1873 kam ich
als Lehrer der höheren Töchterschule nach Einbeck, wo einige Monate vor mir
Rektor Ohlhoff aus Bevensen angestellt war. Seiner warmen Fürsprache bei dem
Magistrat zu Einbeck und einem sehr ehrenvollen Zeugnis, das mir vom ……..rat Brückmann in Bevensen ausgestellt hatte, verdanke
ich wohl besonders meine Wahl.
Ein Gehalt betrug zuerst
450 ch, keine weitere Wohnung.
Ich war damals 30 Jahre
alt. An Miete bezahlte ich für eine sehr kleine Wohnung im Hause der Witwe
Danert am Markt 70 ch.
Daß ich auch jetzt wieder darauf
angewiesen war, durch viele Privatstunden mein unzureichendes Einkommen zu
vermehren, ist wohl selbstverständlich. Ich habe über meine Nebenbeschäftigung
ein kleines Heft/blauer Umschlag, geführt, nun können meine Kinder, wenn es Sie
interessiert, daraus ersehen, wie sauer ich es mir bis zu meiner besseren
Besoldung habe werden lassen müssen, um meine Familie rechtschaffen und
durchzubringen.
Wesentlich kam mir zu
statten, daß ich gleich vom 1. Januar1874 an durchschnittlich mehrere Stunden
am Technikum gab, (deutsch und englisch), die verhältnismäßig gut bezahlt
wurden. Mit dem 1. April 1898 hörten diese Stunden wieder auf. Mehrere Jahre
hindurch habe ich wöchentlich im ganzen 40 Unterrichtsstunden erteilt, dazu
kamen die Korrekturen für die höhere Töchterschule, für das Technikum und für
die Handelsschule, für Letztere indes nur 4 Jahre, wo dieselbe unter meiner
Leitung stand.
Ich will hier meine
Gehaltsbezüge fortsetzen, wie ich solche von Michaelis 1873 bis Michaelis 1913
(meine Pensionierung) bezogen:
Von Michaelis 1973 bis
Ende 1974 jährlich 450 ch (1350 Mark)
“ 1. Januar 1873 bis 1. August 1880 “
500 ch (1500 Mark)
“ 1. April 1880 bis Oktober 1884 “ 1650 Mark
“ 1. Oktober 1884 bis 1. Oktober 1888 “
1800 Mark
“ 1. Oktober 1888 bis 1. Oktober 1893 “ 1950 Mark
Vom 1. Oktober 1893 (als
Rektor) bis 1. Oktober 1896 2400 Mark
Zu diesen ……… mir bezahlten Beträgen kamen von 1884 an staatliche
Alterszulagen, die zuerst 75 Mark, zuletzt 189,50 jährlich betrugen.
(diese ………….. Verbesserung
war eine Folge des Volkschul-Unterhaltungsgesetzes vom Jahre 1897)
Vom 1. April 1900 bis zum 1. April 1901
jährlich 3790 Mark
“
1. April 1901 “ “
1. April 1903 “ 3890 Mark
“
1. April 1903 “ “ 1. April 1905 “
4070 Mark
“
1. April 1905 “ “ 1. April 1906 “
4100 Mark
“
1. April 1906 “ “ 1. April 1909 “
4460 Mark
“
1. April 1909 “ “ 1. April 1910 “
5020 Mark
“
1. April 1910 “ “ 1. April 1913 “
5320 Mark
Von diesem meinem
Höchstgehalt beziehe ich seit meiner Pensionierung am 1. Oktober 1913 (3/4)
4053 Mark als Ruhegeld.
Außer durch die vielen
Privatstunden, die durchschnittlich mit 1
Mark pro Stunde bezahlt wurden -mit Ausnahme diejenigen vom Technikum -
suchte ich während einiger Jahre durch………. mein
Einkommen zu vermehren, habe indes durch verschiedene Techniker, die dazu nur
ein mäßiges ……geld bezahlten, sehr viel Ärger und
Verdruss gehabt.
Auch habe ich versucht,
durch Verkauf von Klavieren etwas zu verdienen, doch war der Gewinn nur gering.
Es widerstrebte auch meinen Charakter und trug sich schlecht mit meiner dienstlichen
Stellung, daß ich Käufer beziehungsweise Mieter der Pianos zu gewinnen suchen
musste. Von den nicht verkauften Klavieren hat Anne eines in ihre Aussteuer
bekommen (1896), ein zweites Grete im Jahre 1912, ein drittes ist noch in
meinem Besitz.
Alle diese verschiedenen
Beschäftigungen, so unangenehm und aufreibend sie zum Teil auch waren, haben
sogar niederdrückend auf meine Gemütsstimmung eingewirkt, als die mancherlei
Sorgen, die durch Krankheiten und Todesfälle in meiner Familie erwuchsen.
Am 31. März 1878 starb
mein Töchterlein Theodora, geb. am 25. Februar 1877. Am 16. November 1878 starb
auch meine am 9. Juni geborene Tochter Luise.
Im Frühjahr 1880 war meine
Tochter Maria an Typhus lebensgefährlich krank.
Am 21. Mai 1879 starb
meine Nichte Louis Wolfhagen aus Marwede in meiner
Familie an Typhus, nachdem sie nun erst einige Wochen bei mir in Pension
gewesen war. Sie war erst 17 Jahre alt.
Im November 1880, wenige
Wochen nach der Geburt meines ersten Sohnes Ernst, erkrankte meine Frau Anna,
geb. Grave, die überhaupt sehr schwächlicher Natur war und starb am 18. Februar
1881.
So reihte sich in den
Jahren 1877 bis 1881 eine schwere Sorge an die andere, und ich bin bisweilen
der Verzweiflung nahe gewesen, insbesondere in den Winter 1880/81, wo ich oft
nicht wusste, wie ich von meinem geringen Gehalt von1500 bis 1650 Mark die
vielen durch Krankheiten und Todesfälle erwachsenen Kosten bestreiten sollte.
Dankbar gedenke ich heute
der mancherlei generösen
Unterstützungen, die mir mein verstorbener Schwager Hermann Grave hat zuteil
werden lassen, gedenke auch dankbar des unbekannten und doch bekannten Gebers,
der mir am 3. Weihnachtstage 1885 durch einen meiner Kollegen 100 Mark
übermitteln ließ. Obgleich im gewissen Sinne der Tod meiner kranken Frau für
mich eine Erlösung bedeutete, so nahm doch andererseits die mir nun allein
obliegende Sorge für meine drei unmündigen Kinder, Mariechen, Annie und Ernst
wesentlich zu; für den Letzteren hatte ich schon im Oktober eine Amme Loretta Friedhoff aus Ahlshausen nehmen müssen, die dann auch bis zu meiner
Wiederverheiratung am 15. März 1883 meinen Haushalt geführt hat.
In die trübe Zeit von1877
bis 1881 fallen auch meine schweren Prüfungen, diejenigen für Mittelschule und
höheren Mädchenschulen bestand ich im Herbst 1879, die Rektorprüfung im
Frühjahr 1881.
Es dürfte wohl wenig
Lehrern die Vorbereitung auf diese Prüfungen so erschwert sein, wie es bei mir
unter den weiter oben kurz erwähnten Familien sorgen aller Art der Fall war.
Ich hätte mich auch wohl
kaum an die Prüfungen herangemacht, so sehr ich auch früher schon das Streben
nach weiterer geistiger Bildung empfunden hatte, wenn mich nicht der Gedanke,
durch Ablegung der Prüfungen eine bessere Besoldung herbeizuführen, getrieben
hätte.
Leider hat die Stadt
Einbeck mich aber während mehrerer Jahre nach der bestandenen letzten Prüfung
auch solcher Prüfungen nichts zugute getan.
Immerhin hatte ich durch
dieselben eine gewisse Befriedigung und die Anwartschaft auf eine spätere
Anstellung als Rektor - ob in Einbeck oder anderswo - gewonnen.
Indes bin ich erst im
Oktober 1893 nach dem Tod meines Freundes, des Rektors Ohlhoff, am 5. September
gestorben, zum Rektor der städtischen Schulen Einbeck, der höheren
Töchterschule, der Bürgerschule und der Volksschule gewählt.
Da es mir bei der durch
die Leitung dreier Schulen erwachsenen Arbeit nicht möglich war, meine
bisherigen Nebenbeschäftigungen im vollen Umfange fortzusetzen, so bedeutete
meine Anstellung als Rektor mit einem Gehalt von 2400 Mark pekuniär für mich
kaum eine Verbesserung. Wie erst nach und nach, hauptsächlich erst seit 1897
meine Gehaltsverhältnisse sich besserten, wie weiter oben bereits nachgewiesen.
Eine sorgenfreie Zeit kam
für mich, als ich mich am 15. März 1883 zum zweiten Male verheiratete und zwar
mit Fräulein Hedwig Wittram, Tochter des im Frühjahr 1879 verstorbenen
Färbereibesitzers August Wittram und dessen gleichfalls verstorbenen – ersten –
Frau geb. Elbe.
Der verstorbene
Schwiegervater Wittram hatte in 3 Ehen zusammen 9 Kinder.
Aus der ersten Ehe stammen
2 Töchter, Florentina (+ 22. März 1915) und meine Frau Hedwig. Aus der 2. Ehe
einen Sohn Ernst Wittram; dessen Mutter war eine Tochter des Pastors Teidemann aus Ahlshausen. Aus der
3. Ehe mit der Schwester der verstorbenen 2. Frau stammen 6 Kinder:
Hildebrecht, Reinhold, Ulrich, Sabine, Gertraud (+ 1. Mai 1893) und Helma.
Hildebrechts Frau
Hildegard ist eine Tochter des in Bockenem verstorbenen Rektors Henkel,
Reinholds Frau Anna, eine geborene Traupe aus Volksen, Ulrichs (2.) Frau eine geborene Kappey aus Negenborn, Sabine ist
in Hannover verheiratet mit dem Ingenieur (Professor) Mayer + 1910. Ihr
ältester Sohn Karl anfangs November 1914 den Heldentod in Belgien.
Helma war mit dem
Architekten Fleck in Berlin verheiratet, der vor 2 Jahren verstorben ist, er
hinterließ einen Sohn.
Seit dem Tode der
Schwiegermutter Albertine Wittram am 28. Mai 1900 führt Florentine für ihren
Bruder Ernst im elterlichen Wittramschen Haus im Haushalt.
Mit Hilfe des von meiner
Frau mit in die erbrachten Vermögens war es mir möglich, Anfang Januar 1885 von
den Erben des verstorbenen Majors Gade dessen
Besitztum am Steinweg (No. 10) zu kaufen, und zwar für 9180 Mark. Die
aufgenommene Hypothek von 6000 Mark habe ich nach und nach durch Amortisation
bei der hiesigen städtischen Sparkasse abgetragen. Seit dem 1. Oktober 1907 ist
mein Haus schuldenfrei. Durch die übernommenen Amortisationsverpflichtung
einerseits, sowie andererseits durch die für meine Lebensversicherung zu
zahlende jährliche Prämie, etwa 160
Mark, erwuchs mir im Verhältnis zu meinem beschriebenen Gehalt einer oft
drückende Abgabe.
Und doch glaubte ich nach
Möglichkeit meine Hinterbliebenen von großer Not schützen zu sollen, inbesonderheit im Fall meines frühen Todes.
So bin ich dann bis etwa
zu meinem 65. Lebensjahr stets zu großer Sparsamkeit gezwungen gewesen, und
meine Frau Hedwig hat mich darin getreulich unterstützt.
Daß mir durch das
Studium meines Sohnes Ernst und durch die Ausbildung meiner Tochter Maria zur
Lehrerin viel Jahre hindurch noch ganz besondere
Ausgaben erwuchsen, bedarf wohl kaum einer Erwähnung. Von meinen Kindern ist
wohl Anna bis zu ihrer Verheiratung im Jahre 1896 am häufigsten Zeuge gewesen,
wie sparsam wir leben mußten. Sie hat mich durch
Erteilung von Musikstunden und auf andere Weise insofern unterstützt, als sie
für einen …… Teil von dem, was ihr Unterhalt kostete,
selbst verdiente.
Meine beiden Kinder
zweiter Ehe, Grete, geb. am 1. März 1886 und Walther, geb. am 20. September
1891 haben es in gewisser Weise besser gehabt, als ihre älteren Geschwister, da
meine ………. Verhältnisse bei ihrem Heranwachsen nach
und nach besser geworden sind. Zur Sparsamkeit sind indes auch sie erzogen, da
man nie voraus sehen kann, wie es einem später etwa ergehen würde, und man sich
viel leichter an bessere, als an schlechtere Verhältnisse gewöhnt.
15. März
1915
To be
continued….. Stand 11.
April 2011
Hinweis für alle Leser: Ich bin dankbar für jeden Hinweis auf Rechtschreibung etc. – Ulrich Thoma
Hier
geht es zum Haus Bernstein
in Tating an der Nordsee
Zum Tagebuch meines
Großvaters Ernst Wolfhagen
(Sohn von Ernst Wolfhagen Senior)
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Brief meiner Großeltern Emma und Paul
Thoma aus Neiße an
Hermine und Ernst Wolfhagen in Hannover
Brief meiner Großmutter Emma Thoma aus
Einbeck an
Marion
Thoma – Frau meines Onkels Helmut Thoma – in Berlin
Homepage des Malers Ernst
Wolfhagen
Homepage des Malers Helmut Thoma