ErnstWolfhagen

 

 

 

Die Lebenserinnerungen meines Urgroßvaters Ernst Wolfhagen aus Einbeck

 

geboren am 9.10.1843 in Marwede, Kreis Celle -  gestorben  am 20. Januar 1923 in Einbeck

 

 

Bearbeitet von Ulrich Thoma

 

Aus seinen handschriftlichen Aufzeichnungen in Sütterlin-Schrift übersetzt von Konrad Thoma und hier aufgeschrieben.

 

Ernst Wolfhagen  Tagebücher Einbeck und Hannover 154

 

Ernst Wolfhagen  Tagebücher Einbeck und Hannover 155

 

Nachrichten

aus meinem Leben, aus dem Gedächtnis

niedergeschrieben.   

 

                                            E. Wolfhagen

 

Ernst Wolfhagen  Tagebücher Einbeck und Hannover 156

Dieser Zeitungsausschnitt wurde möglicherweise von seinem Sohn Ernst auf die erste Einbandinnenseite des Originals eingeklebt.

 

Inhalt

I.  Meine Eltern. 5

 

 

Seite 1

Nachrichten

über meine Eltern, über meine Geschwister und über mich und meine Familie, nach dem Gedächtnis mitgeteilt.

 

I.  Meine Eltern.

 

Mein Vater Georg Wolfhagen, geb. 6. Januar 1805 zu Marwede bei Eschede im Kreise Celle und gestorben daselbst am 2. September 1860, ………………

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

weiter ab Seite 28 Mitte:

 

Von Alsfeld kam ich im Oktober 1869 als dritter Lehrer der vierklassigen Volksschule nach Bevensen, (87 Schüler von 8 – 10 Jahren).

Gehalt: 300 ch und freie Dienstwohnung. Damit verheiratete ich mich am 5. Juli 1870, in Bevensen sind meine beiden ältesten Kinder geboren, Marie am 3. August 1871 und Anne am 16. Oktober 1872.

 

Im Oktober 1873 kam ich als Lehrer der höheren Töchterschule nach Einbeck, wo einige Monate vor mir Rektor Ohlhoff aus Bevensen angestellt war. Seiner warmen Fürsprache bei dem Magistrat zu Einbeck und einem sehr ehrenvollen Zeugnis, das mir vom ……..rat Brückmann in Bevensen ausgestellt hatte, verdanke ich wohl besonders meine Wahl.

Ein Gehalt betrug zuerst 450 ch, keine weitere Wohnung.

Ich war damals 30 Jahre alt. An Miete bezahlte ich für eine sehr kleine Wohnung im Hause der Witwe Danert am Markt 70 ch.

Daß ich auch jetzt wieder darauf angewiesen war, durch viele Privatstunden mein unzureichendes Einkommen zu vermehren, ist wohl selbstverständlich. Ich habe über meine Nebenbeschäftigung ein kleines Heft/blauer Umschlag, geführt, nun können meine Kinder, wenn es Sie interessiert, daraus ersehen, wie sauer ich es mir bis zu meiner besseren Besoldung habe werden lassen müssen, um meine Familie rechtschaffen und durchzubringen.

Wesentlich kam mir zu statten, daß ich gleich vom 1. Januar1874 an durchschnittlich mehrere Stunden am Technikum gab, (deutsch und englisch), die verhältnismäßig gut bezahlt wurden. Mit dem 1. April 1898 hörten diese Stunden wieder auf. Mehrere Jahre hindurch habe ich wöchentlich im ganzen 40 Unterrichtsstunden erteilt, dazu kamen die Korrekturen für die höhere Töchterschule, für das Technikum und für die Handelsschule, für Letztere indes nur 4 Jahre, wo dieselbe unter meiner Leitung stand.

 

Ich will hier meine Gehaltsbezüge fortsetzen, wie ich solche von Michaelis 1873 bis Michaelis 1913 (meine Pensionierung) bezogen:

 

Von Michaelis 1973 bis Ende 1974 jährlich 450 ch (1350 Mark)

  “ 1. Januar 1873 bis 1. August 1880         500 ch (1500 Mark)

  “ 1. April 1880 bis Oktober 1884                           1650 Mark

  “ 1. Oktober 1884 bis 1. Oktober 1888                  1800 Mark

  “ 1. Oktober 1888 bis 1. Oktober 1893                  1950 Mark

 

Vom 1. Oktober 1893 (als Rektor) bis 1. Oktober 1896   2400 Mark

 

Zu diesen ……… mir bezahlten Beträgen kamen von 1884 an staatliche Alterszulagen, die zuerst 75 Mark, zuletzt 189,50 jährlich betrugen.

 

(diese ………….. Verbesserung war eine Folge des Volkschul-Unterhaltungsgesetzes vom Jahre 1897)

 

  Vom 1. April 1900 bis zum 1. April 1901 jährlich   3790 Mark

        1. April 1901          1. April 1903                3890 Mark

        1. April 1903 “         1. April 1905                4070 Mark

        1. April 1905 “         1. April 1906                4100 Mark

        1. April 1906 “         1. April 1909                4460 Mark

        1. April 1909 “         1. April 1910                5020 Mark

        1. April 1910 “         1. April 1913                5320 Mark

 

Von diesem meinem Höchstgehalt beziehe ich seit meiner Pensionierung am 1. Oktober 1913 (3/4) 4053 Mark als Ruhegeld.

 

Außer durch die vielen Privatstunden, die durchschnittlich mit 1  Mark pro Stunde bezahlt wurden -mit Ausnahme diejenigen vom Technikum - suchte ich während einiger Jahre durch………. mein Einkommen zu vermehren, habe indes durch verschiedene Techniker, die dazu nur ein mäßiges ……geld bezahlten, sehr viel Ärger und Verdruss gehabt.

Auch habe ich versucht, durch Verkauf von Klavieren etwas zu verdienen, doch war der Gewinn nur gering. Es widerstrebte auch meinen Charakter und trug sich schlecht mit meiner dienstlichen Stellung, daß ich Käufer beziehungsweise Mieter der Pianos zu gewinnen suchen musste. Von den nicht verkauften Klavieren hat Anne eines in ihre Aussteuer bekommen (1896), ein zweites Grete im Jahre 1912, ein drittes ist noch in meinem Besitz.

 

Alle diese verschiedenen Beschäftigungen, so unangenehm und aufreibend sie zum Teil auch waren, haben sogar niederdrückend auf meine Gemütsstimmung eingewirkt, als die mancherlei Sorgen, die durch Krankheiten und Todesfälle in meiner Familie erwuchsen.

 

Am 31. März 1878 starb mein Töchterlein Theodora, geb. am 25. Februar 1877. Am 16. November 1878 starb auch meine am 9. Juni geborene Tochter Luise.

Im Frühjahr 1880 war meine Tochter Maria an Typhus lebensgefährlich krank.

Am 21. Mai 1879 starb meine Nichte Louis Wolfhagen aus Marwede in meiner Familie an Typhus, nachdem sie nun erst einige Wochen bei mir in Pension gewesen war. Sie war erst 17 Jahre alt.

 

Im November 1880, wenige Wochen nach der Geburt meines ersten Sohnes Ernst, erkrankte meine Frau Anna, geb. Grave, die überhaupt sehr schwächlicher Natur war und starb am 18. Februar 1881.

 

So reihte sich in den Jahren 1877 bis 1881 eine schwere Sorge an die andere, und ich bin bisweilen der Verzweiflung nahe gewesen, insbesondere in den Winter 1880/81, wo ich oft nicht wusste, wie ich von meinem geringen Gehalt von1500 bis 1650 Mark die vielen durch Krankheiten und Todesfälle erwachsenen Kosten bestreiten sollte.

 

Dankbar gedenke ich heute der mancherlei generösen Unterstützungen, die mir mein verstorbener Schwager Hermann Grave hat zuteil werden lassen, gedenke auch dankbar des unbekannten und doch bekannten Gebers, der mir am 3. Weihnachtstage 1885 durch einen meiner Kollegen 100 Mark übermitteln ließ. Obgleich im gewissen Sinne der Tod meiner kranken Frau für mich eine Erlösung bedeutete, so nahm doch andererseits die mir nun allein obliegende Sorge für meine drei unmündigen Kinder, Mariechen, Annie und Ernst wesentlich zu; für den Letzteren hatte ich schon im Oktober eine Amme Loretta Friedhoff aus Ahlshausen nehmen müssen, die dann auch bis zu meiner Wiederverheiratung am 15. März 1883 meinen Haushalt geführt hat.

 

In die trübe Zeit von1877 bis 1881 fallen auch meine schweren Prüfungen, diejenigen für Mittelschule und höheren Mädchenschulen bestand ich im Herbst 1879, die Rektorprüfung im Frühjahr 1881.

Es dürfte wohl wenig Lehrern die Vorbereitung auf diese Prüfungen so erschwert sein, wie es bei mir unter den weiter oben kurz erwähnten Familien sorgen aller Art der Fall war.

 

Ich hätte mich auch wohl kaum an die Prüfungen herangemacht, so sehr ich auch früher schon das Streben nach weiterer geistiger Bildung empfunden hatte, wenn mich nicht der Gedanke, durch Ablegung der Prüfungen eine bessere Besoldung herbeizuführen, getrieben hätte.

 

Leider hat die Stadt Einbeck mich aber während mehrerer Jahre nach der bestandenen letzten Prüfung auch solcher Prüfungen nichts zugute getan.

Immerhin hatte ich durch dieselben eine gewisse Befriedigung und die Anwartschaft auf eine spätere Anstellung als Rektor - ob in Einbeck oder anderswo - gewonnen.

 

Indes bin ich erst im Oktober 1893 nach dem Tod meines Freundes, des Rektors Ohlhoff, am 5. September gestorben, zum Rektor der städtischen Schulen Einbeck, der höheren Töchterschule, der Bürgerschule und der Volksschule gewählt.

Da es mir bei der durch die Leitung dreier Schulen erwachsenen Arbeit nicht möglich war, meine bisherigen Nebenbeschäftigungen im vollen Umfange fortzusetzen, so bedeutete meine Anstellung als Rektor mit einem Gehalt von 2400 Mark pekuniär für mich kaum eine Verbesserung. Wie erst nach und nach, hauptsächlich erst seit 1897 meine Gehaltsverhältnisse sich besserten, wie weiter oben bereits nachgewiesen.

 

Eine sorgenfreie Zeit kam für mich, als ich mich am 15. März 1883 zum zweiten Male verheiratete und zwar mit Fräulein Hedwig Wittram, Tochter des im Frühjahr 1879 verstorbenen Färbereibesitzers August Wittram und dessen gleichfalls verstorbenen – ersten – Frau geb. Elbe.

 

Der verstorbene Schwiegervater Wittram hatte in 3 Ehen zusammen 9 Kinder.

Aus der ersten Ehe stammen 2 Töchter, Florentina (+ 22. März 1915) und meine Frau Hedwig. Aus der 2. Ehe einen Sohn Ernst Wittram; dessen Mutter war eine Tochter des Pastors Teidemann aus Ahlshausen. Aus der 3. Ehe mit der Schwester der verstorbenen 2. Frau stammen 6 Kinder: Hildebrecht, Reinhold, Ulrich, Sabine, Gertraud (+ 1. Mai 1893) und Helma.

Hildebrechts Frau Hildegard ist eine Tochter des in Bockenem verstorbenen Rektors Henkel, Reinholds Frau Anna, eine geborene Traupe aus Volksen, Ulrichs (2.) Frau eine geborene Kappey aus Negenborn, Sabine ist in Hannover verheiratet mit dem Ingenieur (Professor) Mayer + 1910. Ihr ältester Sohn Karl anfangs November 1914 den Heldentod in Belgien.

Helma war mit dem Architekten Fleck in Berlin verheiratet, der vor 2 Jahren verstorben ist, er hinterließ einen Sohn.

Seit dem Tode der Schwiegermutter Albertine Wittram am 28. Mai 1900 führt Florentine für ihren Bruder Ernst im elterlichen Wittramschen Haus im Haushalt.

Mit Hilfe des von meiner Frau mit in die erbrachten Vermögens war es mir möglich, Anfang Januar 1885 von den Erben des verstorbenen Majors Gade dessen Besitztum am Steinweg (No. 10) zu kaufen, und zwar für 9180 Mark. Die aufgenommene Hypothek von 6000 Mark habe ich nach und nach durch Amortisation bei der hiesigen städtischen Sparkasse abgetragen. Seit dem 1. Oktober 1907 ist mein Haus schuldenfrei. Durch die übernommenen Amortisationsverpflichtung einerseits, sowie andererseits durch die für meine Lebensversicherung zu zahlende  jährliche Prämie, etwa 160 Mark, erwuchs mir im Verhältnis zu meinem beschriebenen Gehalt einer oft drückende Abgabe.

 

Und doch glaubte ich nach Möglichkeit meine Hinterbliebenen von großer Not schützen zu sollen, inbesonderheit im Fall meines frühen Todes.

 

So bin ich dann bis etwa zu meinem 65. Lebensjahr stets zu großer Sparsamkeit gezwungen gewesen, und meine Frau Hedwig hat mich darin getreulich unterstützt.

 

Daß  mir durch das Studium meines Sohnes Ernst und durch die Ausbildung meiner Tochter Maria zur Lehrerin viel Jahre hindurch noch ganz besondere Ausgaben erwuchsen, bedarf wohl kaum einer Erwähnung. Von meinen Kindern ist wohl Anna bis zu ihrer Verheiratung im Jahre 1896 am häufigsten Zeuge gewesen, wie sparsam wir leben mußten. Sie hat mich durch Erteilung von Musikstunden und auf andere Weise insofern unterstützt, als sie für einen …… Teil von dem, was ihr Unterhalt kostete, selbst verdiente.

 

Meine beiden Kinder zweiter Ehe, Grete, geb. am 1. März 1886 und Walther, geb. am 20. September 1891 haben es in gewisser Weise besser gehabt, als ihre älteren Geschwister, da meine ………. Verhältnisse bei ihrem Heranwachsen nach und nach besser geworden sind. Zur Sparsamkeit sind indes auch sie erzogen, da man nie voraus sehen kann, wie es einem später etwa ergehen würde, und man sich viel leichter an bessere, als an schlechtere Verhältnisse gewöhnt.

 

                                                                                                                     

                                                                                                                      15. März 1915

 

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To be continued….. Stand 11. April 2011

 

Hinweis für alle Leser: Ich bin dankbar für jeden Hinweis auf Rechtschreibung etc.  – Ulrich Thoma

 


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